Der Widersänger

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Der Widersänger

Tatendrang mit Weitsicht: Dirigent Ud Joffe, sein Potsdamer Festival und die neue Synagoge
Von Lena Schneider

Auf Kurs. Dirigent Ud Joffe setzt sich für Potsdams Kulturleben ein. Foto: Andreas Klaer

Ud Joffe hätte Schauspieler werden können, aber die Position war bereits besetzt. Den Weg hatte schon seine ältere Schwester gewählt. Auch Kampfpilot hätte er nach dem Militärdienst sein können, er wollte aber lieber künstlerische Höhenflüge. So kam er zur Musik. Früher am liebsten Jimi Hendrix; heute Bach und Mendelssohn oder, wie beim Konzert am Sonntag, Arvo Pärts Chorkompositionen. Beschriebe man das als Umschwung von U- auf E-Musik, erregte man Joffes aufbrausenden Widerspruch. Unterhaltung ist beides, sagt er. Ernst auch.

Ud Joffe, geboren 1967 im Großraum Tel Aviv, kennt man in Berlin als ehemaligen Leiter des Sibelius Orchesters und des Neuen Chores Berlin. In Potsdam hat er den Ruf eines stadtbekannten Widersprechers. 1997 kam er als Kantor der Erlöserkirche nach Potsdam, ein 30 Jahre junger UdK-Absolvent. Davor hatte er in Jerusalem studiert, in Paris gewohnt, zuletzt in Berlin. Er kam in eine Stadt im Umbruch. Theater spielte man in Potsdam in einem Provisorium aus Blech. Der Chor des Theaters war bereits abgewickelt. Die Brandenburgische Philharmonie Potsdam stand vor der Auflösung, 1999 gab es sie nicht mehr.

Ud Joffe spürte ein Vakuum und hielt mit Neugründungen dagegen: 1999 der Neue Kammerchor Potsdam, 2000 das Neue Kammerorchester Potsdam, 2001 das Gesangsfestival „Vocalise“.

Mit dem 20. Jubiläum des Festivals kam auch Corona. Im Frühjahr entdeckte Joffe zu seinem Glück: Singen mit Maske, das geht. Im Juni lud er erstmals nach dem Lockdown wieder zur Probe ein. Mit Mundnasenschutz, ohne wäre nur Platz für sechs Sänger und Sängerinnen. Was den Klang anbelangt, macht das keinen Unterschied, sagt Joffe. Von der Verständlichkeit her schon. Also mehr Vokale, weniger Konsonanten. Er singt es raumgreifend vor. „Hören Sie?“, ruft er. „Der Schmelz! Der Klang!“

Um „Vocalise“ auch im Jubiläumsjahr möglich zu machen, streckte Ud Joffe das Festival über 20 Konzerte und 20 Wochen, er plante um, dünnte aus. „Corona will uns etwas sagen“, sagt er. Das Immer-Schneller, Immer-Mehr, das die Menschen antreibe, sei nicht gut. „Einfach mal 30 Prozent runter fahren. Dann erreichen wir den Mars eben in 60 Jahren, und nicht in 20. Na und?“

Dass das gerade jemand sagt, der so viele Projekte initiierte – jüngst einen Knabenchor – erstaunt. Aber Joffe sagt: „Ich muss nicht mehr jedes Mal auf den Everest klettern.“ Vielleicht heißt auch nur der Gipfel jetzt anders. Ud Joffe ist nicht nur Künstler, sondern auch orthodoxer Jude und Vorsitzender der Potsdamer Synagogengemeinde. Den ökumenischen Gottesdienst anlässlich des 30. Jahrestages der Deutschen Einheit in Potsdam leitete er in Kippa und Gebetstuch. „Ich bin bekennender Jude, und will auch erkannt sein.“ Zuhause in Israel vor dem Fernseher gab es Tränen, als man ihn so sah. Im Gewand orthodoxer Juden am Jahrestag der Deutschen.

Joffe will nicht nur als Jude erkannt sein, er will auch, dass man die für Potsdam geplante Synagoge als solche sofort erkennt. Die Finanzierung durch das Land wurde bereits 2005 beschlossen. Auf einen mehrfach umgearbeiteten Entwurf des Architekten Jost Haberland hatte man sich im Frühjahr dieses Jahres geeinigt; wenig später kippte die Zustimmung.

Die Gemeinde sei vom Land überrumpelt worden, sagt Joffe. Die Landesregierung habe die Mitsprache an der Innenausgestaltung der Synagoge ausschließlich in die Hände des Architekten legen wollen. Das machte Joffe nicht mit. Es kam zum Eklat. „Man will uns mundtot machen“, sagt er, und meint die Landesregierung. „Aber um mich mundtot zu machen, muss man mich erschießen.“ Das Problem liegt aus seiner Sicht darin, dass das Land Brandenburg Bauherr des geplanten Neubaus sei. „Wir müssen Bauherren sein.“ Das Land dürfe keine Sakralbauen in Auftrag geben. Es dürfe sie nur fördern.

Joffe polarisiert. Einige Mitglieder der Synagogengemeinde haben aus Protest gegen Joffes Haltung seine Gemeinde verlassen. Dafür, sagt Joffe, seien inzwischen 30 neue dazugekommen. Er weiß, dass es viel Unverständnis für den Streit zwischen den beiden großen Potsdamer Gemeinden gibt, der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam und Joffes Synagogengemeinde. Joffe zitiert gern Henryk M. Broder: „Wenn man Juden dafür kritisiert, wofür man andere nicht kritisiert, dann ist das Antisemitismus.“ Im Potsdamer Synagogenstreit heißt es tatsächlich oft, wenn auch nicht offen: Die Juden streiten wieder. Und die Garnisonkirche? Die Alte Fachhochschule? Das Stadtschloss? Gestritten wird in Potsdam überall. Toleranz beginnt da, sagt Joffe, wo ein Widerstand überwunden werden muss. Sonst ist es nur Akzeptanz. Das reicht ihm nicht. Lena Schneider

Erlöserkirche Potsdam: Johann Sebastian Bach „Ein feste Burg“, Sa 31.10., 11 Uhr; Arvo Pärt „Berliner Messe“, So 1.11., 17 Uhr

אוד יופה יכול היה להיות שחקן, אך התפקיד כבר היה ״תפוס״. אחותו הגדולה כבר בחרה בדרך הזו. הוא יכול היה להיות גם טייס קרב בשירותו הצבאי, אך הוא העדיף לטוס גבוה כאמן. כך הוא נכנס למוזיקה. בעבר ג’ימי הנדריקס; היום באך ומנדלסון או, כמו בהופעה ביום ראשון, יצירות המקהלה של ארבו פרט. תיאור זה כמעבר ממוזיקה פופולרית למוזיקה רצינית יעורר את התנגדותו הזועמת של יופה. פופולארית הן שתיהן, הוא אומר. גם רציניות!0

אוד יופה, יליד 1967 מאזור תל אביב רבתי, ידוע בברלין כמנהל לשעבר של תזמורת סיבליוס והמקהלה החדשה ברלין. 0
בפוטסדאם יש לו מוניטין של לוחם. ב -1997 הוא הגיע לפוטסדאם כמנצח צעיר, בוגר האקדמיה לאמנות בברלין, בן 30. לפני כן למד בירושלים, התגורר בפריס, לאחרונה בברלין. הוא הגיע לעיר שבמהפך. בפוטסדאם היה תיאטרון זמני עשוי לוחות פח. מקהלת התיאטרון כבר נסגרה. התזמורת הפילהרמונית של ברנדנבורג בפוטסדאם עמדה להתפזר; ובשנת 1999 זה כבר לא היתה קיימת.0

אוד יופה חש ואקום ועבד נגדו עם יסוד גופים חדשים: 1999 המקהלה הקאמרית החדשה פוטסדאם, 2000 התזמורת הקאמרית החדשה פוטסדם, 2001 הפסטיבל הווקאלי.0 „Vocalise“

עם יום השנה ה -20 לפסטיבל הגיעה גם קורונה. באביב גילה יופה במזל – שירה עם מסכה היא אפשרית. ביוני הוא הזמין לחזרה לראשונה לאחר הסגר. עם מסכה על הפה, אחרת היה מקום רק לשישה זמרים. מבחינת איכות הצליל, זה לא משנה כל כך, אומר יופה. מבחינת הבנת הארטיקולציה, כן. אז יותר תנועות, פחות עיצורים. הוא מדגים את זה בשירה. „את שומעת?“ הוא קורא. „המיזוג! הצליל!0

על מנת לאפשר את „Vocalise“ גם בשנת השנה, אוד ג’וף התמתח על פני הפסטיבל במשך 20 קונצרטים ו -20 שבועות, והוא קבע את התכנון והדלדל. „קורונה רוצה לומר לנו משהו,“ הוא אומר. המהיר יותר ויותר, המניע יותר אנשים אינו טוב. „פשוט תוריד 30 אחוז. ואז נגיע למאדים בעוד 60 שנה, ולא בעוד 20. אז מה? „

שזה מה שמישהו אומר שיזם כל כך הרבה פרויקטים – לאחרונה מקהלת בנים – מדהים. אבל ג’וף אומר: „אני כבר לא צריך לטפס על האוורסט בכל פעם.“ אולי רק הפסגה נקראת עכשיו אחרת. אוד יופה הוא לא רק אמן, אלא גם יהודי אורתודוכסי ויו“ר קהילת בתי הכנסת בפוטסדם. הוא הוביל את השירות האקומי לרגל 30 שנה לאחדות גרמניה בפוטסדם בכיפה וטלית. „אני יהודי מושבע ואני רוצה שיכירו אותי.“ בבית בישראל מול הטלוויזיה נשמעו דמעות כשהוא נראה ככה. בלבוש היהודים האורתודוכסים ביום השנה לגרמנים.

יופה לא רק רוצה שיוכר כיהודי, אלא גם כי בית הכנסת המתוכנן לפוטסדאם יוכר ככזה באופן מיידי. מימון המדינה הוחלט בשנת 2005. באביב השנה הוסכם על תכנון של האדריכל יוסט הברלנד, שתוקן מספר פעמים. קצת אחר כך נפל האישור.

הקהילה הופתעה על ידי המדינה, אומר יופה. ממשלת המדינה רצתה לומר דבר בעיצוב הפנים של בית הכנסת אך ורק בידי האדריכל. יופה לא הסתדר עם זה. הייתה שערוריה. „הם רוצים להשתיק אותנו“, הוא אומר, ומתייחס לממשלת המדינה. „אבל כדי להשתיק אותי, אתה צריך לירות בי.“ לדעתו הבעיה נעוצה בעובדה שמדינת ברנדנבורג היא הבעלים של הבניין החדש המתוכנן. „אנחנו חייבים להיות בונים.“ המדינה אינה רשאית להזמין בנייני קודש. זה רק צריך לעודד אותם.

יופה מקטב. כמה מבני קהילת בתי הכנסת עזבו את קהילתו במחאה על יחסו של יופה. אבל, אומר יופה, בינתיים נוספו 30 חדשים. הוא יודע שיש הרבה אי הבנה לסכסוך בין שתי קהילות פוטסדאם הגדולות, הקהילה היהודית בפוטסדאם וקהילת בתי הכנסת ג’ופס. יופה אוהב לצטט את הנריק מ ‚ברודר: „אם אתה מבקר יהודים על מה שאתה לא מבקר אחרים, אז זו אנטישמיות.“ וכנסיית חיל המצב? המכללה הישנה? ארמון העיר? יש ויכוחים בכל מקום בפוטסדם. סובלנות מתחילה שם, אומר יופה, שם צריך להתגבר על ההתנגדות. אחרת זו רק קבלה. זה לא מספיק בשבילו. לנה שניידר

כנסיית הגואל, פוטסדם: יוהאן סבסטיאן באך „טירה מוצקה“, יום שבת, 31 באוקטובר, 11 בבוקר; ארבו פרט „ברלינר מסה“, א ‚1.11., 17:00